Die Bedeutung immaterieller Aktiva – Investment: The Critical Role of Intangibles

Zusammenfassung von Bruno Lindorfer und Sascha Sardadvar.

Die EU-Kommission (über die Generaldirektion Forschung und Innovation) behandelt in Kapitel 5 des „SRIP“ („Science, research and innovation performance of the EU 2022“) unter anderem die wachsende Bedeutung unternehmerischer Investitionen in geistiges Eigentums, welche durch die Covid-Pandemie noch beschleunigt wurde. Unternehmen, die mehr solcher Investitionen tätigen, wachsen dem Bericht zufolge auch schneller. Ist der Zusammenhang wirklich so eindeutig? Wenn ja, warum wird dann nicht noch mehr in geistiges Eigentum investiert? Bei genauerer Ansicht des zugrundeliegenden Artikels von McKinsey stellt sich heraus, dass eine Korrelation besteht, über die Kausalität jedoch keine eindeutige Aussage getroffen wird.

Richtig ist jedenfalls, dass die Bedeutung digitaler Dienstleistungen global stetig zunimmt. Dazu passt ein Artikel in der Ausgabe des Handelsblatts vom 19. September 2022, der dazu anregt, die Debatte um Globalisierung und Deglobalisierung aus anderer Perspektive wahrzunehmen. Die globalen Datenströme lassen sich messen, und allein von 2005 bis 2014 hat sich demnach das zwischen den großen Wirtschaftsräumen ausgetauschte Datenvolumen um das 45-fache erhöht. Der globale Warenhandel mag stagnieren oder sogar rückläufig sein, aber wenn gleichzeitig geistiges Eigentum an wirtschaftlicher Bedeutung gewinnt und der Handel damit ebenfalls steigt, ändert sich vielleicht das Wesen der Globalisierung, aber sie endet nicht hier.

Eine andere Frage ist, warum sich die Disparitäten innerhalb der EU auch hier in bekanntem Muster abbilden: Unter den neun abgebildeten EU-Mitgliedstaaten zeigen (2017) Schweden, Frankreich, Dänemark, die Niederlande und Finnland mit neun bis zwölf Prozent des BIP die höchsten Anteile an Investitionen in immaterielle Güter als Anteil am BIP, Deutschland sieben Prozent, Italien, und Spanien sechs Prozent, Griechenland drei Prozent (a.a.O., Abb. 5.1-1). Ähnlich die Statistik zum Anteil der Beschäftigten, die einen Rechner mit Internetzugang nutzen (2020): Im Spitzenfeld liegen Schweden, Finnland, Dänemark und die Niederlande, zurück Portugal, Lettland, Ungarn, Griechenland (a.a.O., Abb. 5.3-11). Investitionen in Humankapital (Ausgaben für Ausbildung als Anteil am BIP, 2019): Hohe Werte zeigen Schweden, Dänemark und Belgien, niedrige Irland, Rumänien und Italien (a.a.O., Abb. 5.4-1). („Anteil am BIP“ bedeutet, dass ein höheres BIP den Nenner erhöht und den Wert somit drückt, allerdings sind Lehrkräfte in Ländern mit höherem BIP i.d.R. aufgrund des höheren Lohnniveaus auch teurer.)

In Kapitel 5 wird auch festgestellt, dass F&E in der EU absolut zunimmt, global jedoch relativ zurückgeht. Ferner wird veranschaulicht, dass ein Zusammenhang zwischen den Bildungsausgaben, Patentierungen und BIP je Einwohner besteht. All dies lässt einerseits erahnen, dass die Wohlstandsgefälle innerhalb der EU noch Jahrzehnte bestehen bleiben oder sich sogar noch verstärken werden. Andererseits gibt es innerhalb der EU offenbar noch viel ungenutztes Potenzial.

 

Links:

SRIP 2022: Science, research and innovation performance of the EU 2022 – Publications Office of the EU (europa.eu)

Artikel von McKinsey: https://www.mckinsey.com/capabilities/growth-marketing-and-sales/our-insights/getting-tangible-about-intangibles-the-future-of-growth-and-productivity

Artikel im Handelsblatt: https://www.handelsblatt.com/meinung/kolumnen/globale-trends/globale-trends-olaf-scholz-und-die-falschen-aengste-vor-einer-deglobalisierung/28688364.html