OECD-Berichte zur Innovationspolitik: Deutschland 2022 – Agile Ansätze für erfolgreiche Transformationen

Bruno Lindorfer und Sascha Sardadvar, 21. Oktober 2022.

Die OECD veröffentlicht in unregelmäßigen Abständen länderbezogene Innovationsberichte, 2018 zu Österreich, kürzlich zu Deutschland. Obwohl die Bedeutung Deutschlands als Handelspartner in den letzten Jahrzehnten (relativ zum gesamten Handelsvolumen) zurückgegangen ist, ist das Land dennoch mit Abstand das wirtschaftlich am meisten mit Österreich verflochtene. Aus diesem Grund ist die Studie auch für Österreich relevant, denn vieles, wird sich auch auf Österreich auswirken.

Die Covid19-Pandemie und der Ukraine-Krieg zeigen auch in Österreich auf, dass eine (im Verhältnis zum BIP noch stärker) exportorientierte Wirtschaft abhängig von globalen Entwicklungen ist. Ähnlich wie Deutschland konnte sich Österreich in den letzten Jahrzehnten industriell gut positionieren und eine Deindustrialisierung wie in anderen etablierten Industriestaaten – darunter Frankreich und Großbritannien – vermeiden. Um diese industrielle Basis zu erhalten, wird es nötig sein, die Resilienz globaler Wertschöpfungsketten zu stärken.

Die im Bericht in einer SWOT-Analyse herausgestellten Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken Deutschlands sind auch für Österreich relevant bzw. decken sich teilweise. Sicherlich verfügt auch Österreich über eine starke, exportorientierte Industrie, aber diese ist zu sehr auf den mittelhoch- und mittelniedrigtechnologischen Bereich fokussiert. Tatsächlich zeigt die empirische Evidenz, dass die branchenspezifische Forschungsquote 2009-2019 in der Mittelhochtechnologie und Mittelniedrigtechnologie in Österreich schneller gestiegen ist als in der Hochtechnologie (siehe hierzu auch FTB 2022). Damit gilt auch für Österreich das für Deutschland konstatierte Risiko, wonach „die Führungsrolle der USA und Chinas bei digitalen Tools – einschließlich Künstlicher Intelligenz (KI) – und Dienstleistungen sowie die intensiven globalen Bemühungen um eine führende Position in anderen wichtigen neuen Technologiefeldern“ die Wettbewerbsfähigkeit in gegenwärtigen Schlüsselsektoren bedrohen (z. B. Automobilindustrie, Maschinenbau und Elektroindustrie, Chemiebranche und Pharmaindustrie).

Ebenfalls für Österreich relevant sind der Mangel an disruptiven Technologien, die hierzulande entwickelt werden, was die Abhängigkeit vom Nicht-EU-Ausland in Zukunft noch erhöhen kann, sowie die Alterung der Bevölkerung, die den Pool an qualifizierten Arbeitskräften reduziert. Auf der anderen Seite bestehen Chancen, darunter die enorme Kaufkraft der öffentlichen Hand oder Verbindungen zwischen Industrie und Forschungseinrichtungen. Die in Österreich sehr hohe Forschungsquote (= Ausgaben für F&E dividiert durch das BIP) und der Anteil in- und ausländischer Unternehmen daran deuten darauf hin, dass in Österreich ähnlich wie Deutschland grundsätzlich gute Voraussetzungen für erfolgreiche Transformationen bestehen.

Der Bericht zu Deutschland 2022 beinhaltet zehn Empfehlungen, von denen nicht alle auf Österreich übertragbar sind, bspw. solche, die Deutschland in einer Führungsrolle sehen. Es gibt auch nicht den einen großen Reformschritt. Die Umsetzung einiger der zehn Empfehlungen ist für Österreich  hingegen durchaus überlegenswert, drei davon wollen wir kurz hervorheben:

  • Eine gemeinsame Vision „Österreich 2030 und 2050“ entwickeln: 2014 wurde eine Studie für Österreich mit dem Titel „Vision 2050 – Chancen für Österreich“ entwickelt, die angesichts der jüngeren Entwicklungen – insbesondere der wachsenden Bedeutung ökonomischer Resilienz – aktualisiert und angepasst werden könnte.
  • Den disziplinen- und sektorübergreifenden Wissenstransfer und die Zusammenarbeit in diesem Bereich verbessern: Gemeint ist damit die Zusammenarbeit von Hochschulen und Industrie einschließlich der Ausgründungen von Unternehmen (Spin-offs). Wie eine Studie der WPZ Research zeigt, fördern Spin-offs ganz entscheidend den Wissenstransfer von der Grundlagenforschung zur kommerziellen Nutzung. Die OECD regt hier den Aufbau eines Fonds für solche Ausgründungen an.
  • Finanzmärkte fördern, die ein Aufskalieren von Sprunginnovationen fördern: Hier ist gemeint, dass die Finanzierung für junge, technologieintensive Unternehmen verbessert wird (Start-ups). Trotz jüngerer Erfolgsmeldungen zählt der Mangel an Wagniskapital zu den chronischen Schwächen den österreichischen Innovationssystems, was v.a. an den ungünstigen Voraussetzungen für privat finanzierte Fonds liegt (siehe hierzu einen jüngst erschienen WPZ Research Policy Brief).

 

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